Lied von der Mutter
Sie säte der Menschheit die Jahre des Lebens wie Weizen,
sie schmückte die Erde, mit Knöterich bettend den Weg,
sie lehrte die Kinder, zu handeln nach ihrem Gewissen,
sie atmete auf erleichtert – und langsam ging sie hinweg.
„Wohin, Mutter?" fuhren die Kinder erschrocken zusammen.
„Wohin, Großmutter?" lenkten die Enkel zum Tor ihren Lauf,
„Ich geh nicht weit weg … wo die Sonne zur Ruh geht in Flammen.
Die Zeit ist gekommen zu gehn … Ohne mich wachst ihr auf".
„Was fällt Euch denn ein? Was sollen wir ohne Euch, Mutter?"
„Wer wiegt uns mit Märchen ein, Großmutter, wenn ihr uns verlasst?"
„Ich lasse euch doch alle Regenbogen, die bunten,
und Kraniche, Ährengold, silbernen Tau auf dem Gras."
„Wir brauchen kein Silber und Gold, keinen Bogen am Himmel,
wenn Ihr uns nur wieder erwarten werdet am Tor,
Wir machen ja gern Eure Arbeit, bleibt nur für immer.
Verlasst uns nicht, Mutter, und geht doch von uns nicht fort."
Sie lächelte, grauhaarig, schön, wie das Schicksal selber.
Die Handtücher flogen empor – sie winkte schon weit.
„Seid glücklich", und wurde zu einem versonnenen Felde
Über dem ganzen Planeten für ewige Zeit.
Aus dem Ukrainischen von Sepp Österreicher